Platte From Scratch – Quiet Nights (Berliner Meister Schallplatten) im Test, Bild
Die ungefähre Lesezeit beträgt 4 Minuten
Musikrezension > Platte > 09.02.2025

From Scratch – Quiet Nights


Genre: Jazz

Jenseits des reinen Musikgenusses kann man auch viel Freude an den technischen Aspekten einer Aufnahme empfinden. Wer hier etwas tiefer in die Materie eindringen möchte und trotzdem dabei auf hochklassiges Material und eine ebensolche Performance nicht verzichten möchte, der ist mit den beiden Alben „Quiet Nights“ bestens bedient.

Denn mit den beiden einzeln erhältlichen LPs bietet sich die äußerst seltene Gelegenheit, unterschiedliche Aufnahme-Setups miteinander vergleichen zu können. Grundvoraussetzung dafür ist allerbeste Studiotechnik, wie sie bei den Aufnahmen des Labels Berliner Meister Schallplatten stets zum Einsatz kommt. Bei der Beschreibung konzentriere ich mich nur auf die Anzahl und Platzierung der Mikrofone, nicht auf die einzelnen Mikrofon-Typen, dass würde sonst den Rahmen sprengen. Die jeweiligen Setups unterscheiden sich grundlegend voneinander. Auf der mit „Full Stage Stereo“ (BMS 2419 V) bezeichneten LP kommen vier Mikrofone für das Schlagzeug zum Einsatz, zwei als Overheads, eines für die Bass-Drum und eines für die Snare. Das Piano wird ebenfalls mit vier Mikrofonen bestückt, zwei in der Nähe der Hämmer, weitere zwei über dem Resonanzboden. Vor dem Saxofon wird ein weiteres Mikro aufgestellt, während der Kontrabass mit einem Mikrofon unter dem Steg und einem Piezo-Tonabnehmer im Steg ausgestattet ist. Um die Mikrofone besser trennen zu können, werden vor dem Schlagzeug Leinwände aufgestellt, der Abstand der Musiker ist größer als bei der zweiten Aufnahme, bei der ein erweitertes One-Point Blumlein-Setup zum Einsatz kommt. Bei diesem in den 1930er Jahren vom britischen Elektroingenieur Alan Dower Blumlein entwickelten Verfahren werden nur zwei Mikrofone auf einem Stativ übereinander angebracht, die im 90°-Winkel gekreuzt sind. Auf diese Weise können die Musiker sehr dicht aneinanderrücken. Da der Kontrabass in der kreisförmigen Anordnung etwas Abstand halten muss, wird an dessen Steg noch ein weiteres Mikrofon angebracht. Während das zuerst beschriebene Setup im Ergebnis einen luftigen Sound mit breiter Bühne produziert, klingt die zweite Aufnahme etwas altmodischer, aber auch etwas entspannter, was vielleicht auch das Ergebnis der Tatsache ist, dass die vier Musiker durch die kreisförmige Anordnung und körperlichen Nähe anders miteinander kommunizieren können.

Welche Aufnahme einem besser gefällt, ist natürlich eine Frage des persönlichen Geschmacks, man sollte aber unbedingt beide LPs erwerben, um den beabsichtigten Vergleich durchführen zu können. Die Band, denen diese Idee gekommen ist, kennen wir seit dem Album „Fotografia - Música de Jobim“ die in der Ausgabe 1/2024 rezensiert wurde und dabei auf große Begeisterung gestoßen ist. Drei der vier Musiker sind auch auf den beiden Direktschnitt-Sessions (20. und 21. Januar 2024) aktiv: Simon Becker-Foss am Saxofon, Helge Adam am Piano und Dieter Schmigelok am Schlagzeug; neu am Bass ist André Neygenfi nd. Unter den jeweils acht gleichen Titeln beider Sessions ist auch wieder ein Stück von Antônio Carlos Jobim. Diesmal hat man sich für „Corcovado“ entschieden, dessen Latino-Rhythmus es aus den restlichen Titeln herausstechen lässt. Insgesamt ist die Szenerie sehr entspannt und die Interpretationen von Stücken wie „The Way You Look Tonight“, „My Funny Valentine“, „Stella by Starlight“ oder „What a Wonderful World“ zwar keine Revolution, aber sehr angenehm anzuhören. Beide LPs sind in einer limitierten und nummerierten Aufl age von jeweils 500 Exemplaren erhältlich und vermutlich demnächst in vielen Testräumen der Republik zu finden.

Fazit

Zwei LPs die Freude bereiten und zum gemeinsamen Testhören einladen.


Platte From Scratch – Quiet Nights (Berliner Meister Schallplatten) im Test, Bild
TitelFrom Scratch – Quiet Nights
LabelBerliner Meister Schallplatten
Angehört vonRalf Henke
Vorheriger Test

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